Mitarbeitergespräch in der Ausbildung: Rechte, Pflichten und Gesprächsanlässe
In der Ausbildung läuft nicht immer alles rund. Hin und wieder kann es zu Konflikten kommen. Werden diese nicht frühzeitig erkannt und werden keine Gegenmaßnahmen getroffen, kann dies durchaus zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses führen. Viele Differenzen zwischen Ausbildungsbetrieb und Auszubildenden wären in einem früheren Stadium durch ein offenes Gespräch noch zu lösen gewesen. Ausbilderinnen und Ausbilder sollten daher die Mittel des Mitarbeitergesprächs sowie Ermahnung und Abmahnung einsetzen können.
Was ist ein Mitarbeitergespräch in der Ausbildung?
Aus arbeitsrechtlicher Sicht gibt es keine konkrete Definition für ein Mitarbeitergespräch. Unter dem Begriff werden vielmehr alle Gespräche gefasst, bei denen es darum geht, die Arbeitsleistung zu konkretisieren.
Das ist immer dann der Fall, wenn der Ausbildungsbetrieb von seinem Weisungsrecht Gebrauch macht und den Auszubildenden im Rahmen seiner Berufsausbildung Weisungen erteilt. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn Ausbilderinnen und Ausbilder anweisen, welche Arbeiten zu erledigen sind oder wie der Ausbildungsnachweis zu führen ist. Somit können alle Pflichten der Auszubildenden Gegenstand eines Personalgesprächs sein.
Personalgespräche können jedoch auch weiter gefasst sein. Somit kann es auch ein Jahresgespräch sein, bei dem sich Ausbilderinnen und Ausbilder mit den Auszubildenden zusammensetzen, um das beendete (Ausbildungs-)Jahr zu besprechen. In einem Personalgespräch kann auch die Beendigung eines Ausbildungsverhältnisses Thema sein. Ein Gespräch, in dem es um einen Aufhebungsvertrag oder die Kündigung des Ausbildungsverhältnisses geht, ist somit ebenfalls ein Personalgespräch.
Inhalte und Ziele von Mitarbeitergesprächen
Ein Mitarbeitergespräch dient in erster Linie dazu, die Inhalte des Berufsbildungsgesetzes, die oft nur sehr grob beschrieben sind, zu konkretisieren. Es ist also sinnvoll, wenn der Ausbildende die Aufgaben der Auszubildenden festlegt und vorgibt, wie diese auszuführen sind.
Da Ausbilderinnen und Ausbilder mit der Ausbildung junger Menschen eine Erziehungsaufgabe haben und ihre charakterliche Entwicklung fördern sollen, können zwischenmenschliche Themen im Personalgespräch verstärkt aufgegriffen werden. Mitarbeitergespräch können somit in vielfältiger Form stattfinden.
Bitte beachten Sie das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bei einem Personalfragebogen.
Mitarbeitergespräche in der Probezeit
Ein Personalgespräch ist aus verschiedenen Gründen und Anlässen wichtig. Gerade in der maximal viermonatigen Probezeit ist es besonders hilfreich, regelmäßige Gespräche mit den Auszubildenden zu führen.
Um festzustellen, ob die Auszubildenden für den Ausbildungsberuf und das Unternehmen geeignet sind, bieten sich Personalgespräche als Instrument an. So haben Sie bereits in der Probezeit die Möglichkeit, unerwünschten Verhaltensweisen der Auszubildenden entgegenzuwirken.
Mitarbeitergespräche eignen sich ebenfalls für Auszubildende, die nach (längerer oder vermehrter) Krankheit wieder ins Unternehmen zurückkehren. So können Sie herausfinden, ob Sie als Ausbildungsbetrieb etwas tun können, um die Auszubildenden bei der Erhaltung ihrer Gesundheit zu unterstützen.
Rechte und Pflichten der Auszubildenden im Mitarbeitergespräch
Auszubildende müssen an Mitarbeitergesprächen teilnehmen, in denen ihnen Tätigkeiten angewiesen werden, eine Leistungsbeurteilung stattfindet, es um die Verteilung der Arbeitszeiten geht oder in denen sie vielleicht kritisiert werden sollen. In diesen Gesprächen ist das Ausbildungsverhältnis der Gesprächsinhalt und damit vom Weisungsrecht des Ausbildungsbetriebs gedeckt.
Wenn es jedoch um die Aufhebung oder Beendigung des Ausbildungsverhältnisses geht, sind Auszubildende nicht dazu verpflichtet, an den Gesprächen teilzunehmen. Das liegt daran, dass es über die Beendigung des Ausbildungsverhältnisses kein Weisungsrecht des Ausbildungsbetriebs gibt.
Als Ausbildungsbetrieb können Sie ein solches Gespräch anbieten, doch es gibt keine Verpflichtung für die Auszubildenden, Ihr Angebot anzunehmen. Auszubildende können in einem solchen Fall die Teilnahme am Personalgespräch verweigern.
Außerdem haben Auszubildende im Vorfeld keinen Anspruch darauf, zu erfahren, worum es in dem Gespräch genau gehen soll. Eine Ausnahme stellt lediglich der Fall einer Verdachtskündigung dar. Eine Verdachtskündigung liegt vor, wenn Sie als Ausbildungsbetrieb den Verdacht haben, eine Person hätte etwas gestohlen, was Sie zum jetzigen Zeitpunkt jedoch (noch) nicht nachweisen können.
In diesem Fall müssen Sie, wenn Sie eine Kündigung in Betracht ziehen, die betreffende Person zuerst zu den Vorwürfen anhören. Es ist also erforderlich, dem Auszubildenden zunächst die Möglichkeit zu geben, zu dem Verdacht des Diebstahls Stellung zu nehmen und sich zu rechtfertigen. Die Rechtsprechung ist im Fall einer Verdachtskündigung strenger, da davon auszugehen ist, dass Auszubildende sich nur angemessen verteidigen können, wenn sie im Voraus wissen, worum es in dem Gespräch gehen wird.
In diesem Fall wären die Auszubildenden somit zumindest in groben Zügen im Vorfeld des Gesprächs über die Vorwürfe zu informieren.
Grundsätzlich haben Auszubildende keinen Anspruch, ein Mitglied des Betriebsrats oder der Jugend- und Auszubildendenvertretung zum Mitarbeitergespräch hinzuzuziehen.
Bei Beurteilungs- und Entwicklungsgesprächen haben Auszubildende jedoch auf Grundlage einer Rechtsgrundlage im Betriebsverfassungsgesetz die Möglichkeit, ein Betriebsratsmitglied zur Unterstützung hinzuzuziehen.
Pflichtverstöße und Eskalationsstufen im Arbeitsrecht
Erteilen Ausbilderinnen und Ausbilder in einem Personalgespräch eine konkrete Weisung, die von den Auszubildenden nicht umgesetzt oder nicht eingehalten wird, liegt ein konkreter Pflichtverstoß vor.
Das Arbeitsrecht sieht in einem solchen Fall drei Eskalationsstufen vor.
- Ermahnung
- Abmahnung
- Kündigung
Ermahnung: Formlose Rüge bei geringfügigem Verstoß
Auf der untersten Eskalationsstufe wäre eine sogenannte Ermahnung auszusprechen. Eine Ermahnung kommt bei einer geringfügigen Pflichtverletzung zum Einsatz. Das könnte der Fall sein, wenn Auszubildende zum Beispiel morgens fünf Minuten zu spät kommen, gerade wenn es das erste Mal vorkommt. Bei einer Ermahnung werden Auszubildende formlos gerügt.
Das könnte sich etwa so anhören: „Bitte denke daran, dass bei uns um 9 Uhr Dienstbeginn ist. Du warst heute fünf Minuten zu spät. Das war eine Pflichtverletzung. Bitte achte darauf, dass du künftig um 9 Uhr an deinem Arbeitsplatz bist.“
Abmahnung: Warnung mit Konsequenzandrohung
Im Gegensatz zur Abmahnung fehlt bei einer Ermahnung die konkrete Androhung einer Kündigung. Genau das ist der Unterschied zu einer Abmahnung. Eine Abmahnung ist die zweite Stufe der Eskalation. In einer Abmahnung wird konkret hinzugefügt, mit welchen Konsequenzen die Auszubildenden zu rechnen haben, wenn dieser Pflichtverstoß noch einmal vorkommt.
Denken Sie aber bitte daran, dass der Sinn einer Abmahnung nicht darin liegt, eine Sanktion zu verhängen, genauso wenig wie das bei einer Kündigung der Fall ist. Es geht nicht darum, ein Verhalten zu bestrafen. Vielmehr soll durch eine Abmahnung erreicht werden, dass künftig keine Pflichtverstöße mehr begangen werden. Das Fehlverhalten soll künftig unterbleiben und das Ausbildungsverhältnis soll ordnungsgemäß durchgeführt werden können.
Aus dieser Funktion der Abmahnung heraus ist es wichtig, den Auszubildenden zunächst deutlich zu machen, dass etwas nicht optimal gelaufen ist und im Weiteren genau zu erklären, gegen welche Pflichten sie in welcher Form verstoßen haben. Mit einer Abmahnung rufen Sie den Auszubildenden in Erinnerung, welche Pflichten sie im Ausbildungsverhältnis haben und wie diese zu erfüllen sind.
Sie wollen mit einer Abmahnung erreichen, dass zukünftige Pflichtverstöße nicht mehr vorkommen. Deshalb ist es wichtig, den Auszubildenden klarzumachen, welches Verhalten Sie genau erwarten. Sie erinnern sie also daran, wie ein pflichtgemäßes Verhalten aussieht. Im Unterschied zur Ermahnung enthält die Abmahnung die konkrete Androhung von Konsequenzen bei einem erneuten Pflichtverstoß. Damit erfüllt die Abmahnung die sogenannte Warnfunktion. Sie zeigen also ganz klar auf, dass eine wiederholte Pflichtverletzung zur Beendigung des Ausbildungsverhältnisses durch Kündigung führt.
Eine Abmahnung ist kein Mittel, um sich von Auszubildenden zu trennen. Stattdessen soll ein anderes Verhalten gezeigt werden, damit das Ausbildungsverhältnis erfolgreich beendet werden kann.
Missverständnisse vermeiden: Wie viele Abmahnungen braucht es?
Bitte streichen Sie die pauschale Aussage „Nach drei Abmahnungen kann gekündigt werden” aus Ihrem Gedächtnis: Bereits eine Abmahnung kann eine Kündigung rechtfertigen. Mit einer Abmahnung machen Sie bereits ganz deutlich, dass Sie das Ausbildungsverhältnis beenden werden, wenn dieses Fehlverhalten noch einmal vorkommt.
Wenn Sie als Ausbildungsbetrieb auf das gleiche Fehlverhalten der Auszubildenden erneut mit einer Abmahnung reagieren, verhalten Sie sich widersprüchlich.
Wenn Sie eine zweite Abmahnung aussprechen und wieder mit einer Beendigung des Ausbildungsverhältnisses drohen, kann der Eindruck entstehen, dass Sie es mit der Androhung Ihrer Kündigung nicht ernst meinen, sondern nur falsches Verhalten abmahnen.
Daher sollten Sie als Ausbildungsbetrieb darauf achten, sich hier nicht in Widersprüche zu verstricken. Natürlich muss nicht jede Abmahnung beim nächsten Fehlverhalten gleich zu einer Kündigung führen. Gerade in einem Ausbildungsverhältnis, in dem auch die charakterliche Entwicklung des Auszubildenden eine Rolle spielt, kann es jedoch sinnvoll sein, auf ein bestimmtes Fehlverhalten mit einer zweiten Abmahnung statt mit einer Kündigung zu reagieren.
In diesem Fall ist es jedoch wichtig, nochmals klarzumachen, dass es sich wirklich um die letzte Abmahnung handelt. Die Auszubildenden müssen deutlich erkennen, dass es zwar noch eine Abmahnung gegeben hat, sie in Zukunft jedoch nicht mehr damit rechnen können und beim nächsten Mal tatsächlich eine Kündigung erhalten. Gerade bei einer zweiten Abmahnung für das gleiche Fehlverhalten ist es wichtig, die Warnfunktion am Ende der Abmahnung explizit herauszuheben.
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