Was ist die Jugend- und Auszubildendenvertretung (JAV)?
Die Jugend- und Auszubildendenvertretung (JAV) ist ein besonderes betriebsverfassungsrechtliches Gremium in Unternehmen zur Vertretung der Interessen von Auszubildenden unter 25 Jahren sowie von Mitarbeitern unter 18 Jahren. Die JAV soll die kollektiven Interessen dieser speziellen Arbeitnehmergruppe wahrnehmen.
Die Jugend- und Auszubildendenvertretung ist jedoch kein eigenständiges Organ der Betriebsverfassung, das seine Interessen direkt dem Arbeitgeber gegenüber vertreten könnte. Vielmehr ist sie eng an den Betriebsrat geknüpft. Die Interessenswahrnehmung erfolgt immer über den Betriebsrat. Die JAV hat die Aufgabe, die Interessen der jugendlichen Arbeitnehmenden und Auszubildenden dem Betriebsrat gegenüber zur Sprache zu bringen.
Wann und für wen wird eine JAV gebildet?
Eine Jugend- und Auszubildendenvertretung ist immer dann zu bilden, wenn in einem Betrieb mehr als fünf Auszubildende oder jugendliche Arbeitnehmer unter 18 Jahren beschäftigt sind. Dabei ist das Alter am letzten Wahltag, an dem die JAV gewählt wird, entscheidend. Zur Gruppe der Auszubildenden zählen nicht nur Personen, die eine anerkannte Berufsausbildung nach dem BBiG absolvieren, sondern alle, bei denen es um die Vermittlung von berufspraktischen Fähigkeiten geht.
Dies kann auch für Schüler, Praktikanten oder Volontäre gelten. Somit ist die JAV nicht nur für die Auszubildenden, sondern auch für alle jugendlichen Arbeitnehmer im Unternehmen zuständig. Eine Jugend- und Auszubildendenvertretung ist nur zu bilden, wenn im Betrieb auch ein Betriebsrat besteht.
Zusammensetzung und Wahl der JAV
In die Jugend- und Auszubildendenvertretung können alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer des Betriebs gewählt werden, die unter 25 Jahre alt sind. Es muss sich dabei nicht zwingend um Auszubildende handeln, sondern es kommt lediglich auf das Alter an. Somit kann sich auch jede Person, die bereits über eine abgeschlossene Ausbildung verfügt, für die JAV-Wahl aufstellen lassen, solange die Altersgrenze noch nicht erreicht ist.
Es spielt auch keine Rolle, ob das Mitglied während seiner Amtszeit das 25. Lebensjahr vollendet. Das Mitglied der JAV darf seine aktuelle Amtszeit dann noch ganz regulär zu Ende bringen, sich bei der nächsten Wahl allerdings nicht mehr aufstellen lassen. In die Jugend- und Auszubildendenvertretung kann niemand gewählt werden, der bereits Mitglied im Betriebsrat ist. Betriebsratsamt und JAV-Amt schließen sich gegenseitig aus.

Aufgaben der JAV
Die Jugend- und Auszubildendenvertretung kann in Abstimmung mit dem Betriebsrat eigene Sitzungen durchführen. Hierbei ist das Einverständnis des Betriebsrats zu diesen Sitzungen nicht erforderlich, sondern es reicht eine Abstimmung mit dem Betriebsrat. Außerdem kann die Jugend- und Auszubildendenvertretung einen Vertreter oder eine Vertreterin zu den Betriebsratssitzungen entsenden. Somit hat jedes JAV-Mitglied ein Teilnahmerecht an den Betriebsratssitzungen. Dieses Teilnahmerecht besteht unabhängig davon, welche Themen in der Betriebsratssitzung behandelt werden.
Werden in einer Betriebsratssitzung jedoch Themen angesprochen, die die jugendlichen Auszubildenden des Unternehmens besonders betreffen, können alle Mitglieder der JAV an der Sitzung teilnehmen. Wenn Themen besprochen werden, die sogar ganz überwiegend die Jugendlichen und Auszubildenden des Unternehmens betreffen, kann nicht nur die gesamte JAV an der Sitzung teilnehmen, sondern die JAV hat in diesen Fällen auch ein Stimmrecht.
Mögliche Themen können in der Praxis die Planung der Arbeits- oder Urlaubszeit für die Auszubildenden oder die Einstellung eines Ausbilders oder einer Ausbilderin sein.
Möglichkeit zur Einflussnahme auf Entscheidungen
Wenn der Betriebsrat über diese Themen entscheidet, dürfen auch die Teilnehmenden der Jugend- und Auszubildendenvertretung darüber abstimmen. In der Praxis kann es vorkommen, dass ein solches Thema lediglich in einem Ausschuss des Betriebsrats diskutiert wird. Das bedeutet, dass nicht alle Betriebsratsmitglieder anwesend sind, sondern nur eine geringere Anzahl. In diesen Fällen darf das Stimmrecht der Jugend- und Auszubildendenvertretung nicht dazu führen, dass diese plötzlich deutlich mehr Stimmen hat als der Betriebsrat. Vielmehr wird die Anzahl der Stimmen der JAV-Mitglieder entsprechend gekürzt.
Ein Beispiel: Sind nur die Hälfte der Betriebsratsmitglieder in einer Ausschusssitzung anwesend, darf auch nur die Hälfte der JAV-Mitglieder bei diesem Beschluss mitstimmen. Es findet also eine verhältnismäßige Kürzung der Stimmenanzahl statt.
Wer von der Jugend- und Auszubildendenvertretung an den Sitzungen des Betriebsrats teilnimmt, darf die JAV allein entscheiden. Wenn die JAV bei einem Thema, bei dem sie ein Stimmrecht hätte, nicht beteiligt wird, kann dies bis zur Unwirksamkeit des Betriebsratsbeschlusses führen.
Der Betriebsrat muss der Jugend- und Auszubildendenvertretung über Vorkommnisse und Maßnahmen berichten, die besonders die Jugendlichen und Auszubildenden des Unternehmens betreffen. Der Betriebsrat muss die JAV dann rechtzeitig und umfassend informieren, damit diese auch die Möglichkeit hat, Einfluss auf die Entscheidungen im Betriebsrat zu nehmen.
JAV darf Betriebsratsbeschlüsse aufschieben
Unter bestimmten Umständen kann die Jugend- und Auszubildendenvertretung sogar den Beschluss eines Betriebsrats aufschieben. So kann die JAV beispielsweise geltend machen, dass der Beschluss eine wichtige Beeinträchtigung der Interessen der Auszubildenden oder jugendlichen Arbeitnehmer darstellt. Sie kann dann beantragen, dass der Beschluss für die Dauer von einer Woche ausgesetzt wird. Innerhalb dieser Frist muss versucht werden, eine Verständigung zwischen dem Betriebsrat und der JAV herbeizuführen. Ist diese Wochenfrist abgelaufen, entscheidet der Betriebsrat erneut über den Antrag der JAV.
Kommt er zu dem Ergebnis, dass es bei dem vorherigen Beschluss bleibt, hat die JAV keine Möglichkeit mehr, dagegen vorzugehen. Die Jugend- und Auszubildendenvertretung hat außerdem ein Teilnahmerecht bei gemeinsamen Besprechungen zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat, wenn dort Angelegenheiten besprochen werden, die besonders Auszubildende oder jugendliche Arbeitnehmer betreffen.
Rechte und Pflichten der JAV-Mitglieder
Die Mitglieder der Jugend- und Auszubildendenvertretung (JAV) üben ihr Amt ebenso wie die Mitglieder des Betriebsrats ehrenamtlich aus. Das bedeutet, dass für die Tätigkeit keine besondere oder zusätzliche Vergütung gezahlt wird. Grundsätzlich hat jedes Mitglied der JAV jedoch das Recht und die Pflicht, die JAV-Arbeit während der Arbeitszeit durchzuführen. Für diese Zeit besteht ein Anspruch auf Arbeitsbefreiung. Das heißt, das JAV-Mitglied kann sich bei den Vorgesetzten abmelden und sich für die Zeit der JAV-Arbeit vom Dienst befreien lassen. Voraussetzung ist natürlich, dass auch tatsächlich Arbeit für die Jugend- und Auszubildendenvertretung anfällt und die voraussichtliche Dauer angegeben wird. Im Detail muss gegenüber den Vorgesetzten jedoch nicht angegeben werden, um welche Arbeit es sich handelt.
Den Vorgesetzten muss jedoch mitgeteilt werden, ob Auszubildende an ihrem Arbeitsplatz sind und ihre Arbeit ausführen können oder ob sie abwesend sind und Aufgaben für die JAV erledigen. Wenn JAV-Mitglieder dieser Verpflichtung nicht nachkommen, kann das eine Abmahnung zur Folge haben.
Während der Tätigkeit in der Jugend- und Auszubildendenvertretung ist die Vergütung weiterhin zu bezahlen. Das bedeutet, dass der Arbeitgeber die Ausbildungsvergütung für diese Zeit nicht anteilig kürzen darf.
Benachteiligungsverbot und besonderer Kündigungsschutz
Es gibt ein Benachteiligungs- und Behinderungsverbot, dem zufolge das JAV-Mitglied wegen seiner Tätigkeit in der Jugend- und Auszubildendenvertretung nicht benachteiligt werden darf. Der Arbeitgeber darf Auszubildende oder jugendliche Arbeitnehmer beispielsweise nicht aufgrund ihrer Tätigkeit mit unangenehmeren Aufgaben betrauen oder sie bei einzelnen Vergütungsbestandteilen schlechter behandeln.
Für die Mitglieder der Jugend- und Auszubildendenvertretung ist ebenfalls der besondere Kündigungsschutz wichtig. Wie Mitglieder des Betriebsrats haben auch Mitglieder der JAV einen besonderen Kündigungsschutz nach Paragraf 15 des Kündigungsschutzgesetzes. Demnach darf nur mit Zustimmung des Betriebsrats und aus wichtigem Grund gekündigt werden. Das gleiche gilt für eine Versetzung: Wenn der Arbeitgeber das JAV-Mitglied in eine andere Betriebsstätte versetzen würde, sodass es seine JAV-Mitgliedschaft verlieren würde, ist die Zustimmung des Betriebsrats erforderlich. Auch in diesen Fällen ist die Zustimmung des Betriebsrats einzuholen.
Geheimhaltungspflicht und Umgang mit vertraulichen Informationen
Die Mitglieder der Jugend- und Auszubildendenvertretung erhalten, ebenso wie die Mitglieder des Betriebsrats, viele vertrauliche Informationen, bei denen der Ausbildungsbetrieb ein berechtigtes Interesse an der Vertraulichkeit hat und die nicht im Betrieb „die Runde” machen dürfen.
Sie unterliegen daher einer Geheimhaltungspflicht. Diese richtet sich sowohl bei Mitgliedern der Jugend- und Auszubildendenvertretung als auch bei Betriebsräten nach Paragraf 79 BetrVG. Demnach muss der Ausbildungsbetrieb die geheimhaltungsbedürftigen Informationen als solche kennzeichnen.
Weiterbeschäftigungsanspruch nach der Ausbildung
In der Praxis ist der Weiterbeschäftigungsanspruch nach Paragraf 78a BetrVG von zentraler Bedeutung.
Für den Ausbildungsbetrieb ist hier wichtig, dass er dem JAV-Mitglied zunächst einmal mitteilen muss, ob es nach der Ausbildung übernommen wird oder nicht. Dies muss spätestens drei Monate vor Ende der Ausbildung geschehen. Falls das JAV-Mitglied form- und fristgerecht eine Weiterbeschäftigung beantragt (der Antrag muss schriftlich erfolgen, eine E-Mail oder WhatsApp-Nachricht reicht nicht aus), muss der Arbeitgeber entscheiden, ob er gegen diesen Antrag vor dem Arbeitsgericht vorgeht, um sich von der Weiterbeschäftigungspflicht entbinden zu lassen oder ein eventuell bereits entstandenes Arbeitsverhältnis aufzulösen.
Hier ist wiederum eine zwingende Frist von zwei Wochen ab Ausbildungsende zu berücksichtigen. Danach wäre der Arbeitgeber nicht mehr in der Lage, das Bestehen eines Vollzeit-Arbeitsverhältnisses zu verhindern.
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