Gründe für Lernschwierigkeiten herausfiinden
Der Begriff „Lernschwierigkeiten” ist in der Literatur nicht eindeutig definiert. Synonyme sind beispielsweise „Lernstörungen” oder „Schulschwierigkeiten”. Klar ist allerdings, dass diese „Schwierigkeiten” sowohl im eigentlichen Lernvorgang, also beim Aneignen des Lernstoffs, als auch in Leistungssituationen auftreten können, also dann, wenn Wissen abgerufen werden muss, wie etwa in Prüfungssituationen.
Um Lernschwierigkeiten auf die Spur zu kommen, sind zunächst drei essentielle Fragen zu klären:
- Hat die Leistung erst im Laufe der Zeit abgenommen?
- Liegen die betreffenden Auszubildenden unter der sozialen Bezugsnorm, also den Mitauszubildenden?
- Erreichen die betreffenden Auszubildenden die Lernziele grundsätzlich nicht?
Welche Ursachen können Lernschwierigkeiten haben?
Würde man diese Frage Ausbilderinnen und Ausbildern weiterleiten und sie um eine Antwort bitten, würde die Mehrheit wohl sagen, dass die Lernschwierigkeiten bei den Auszubildenden selbst liegen. Doch damit sind die Ursachen nur zu einem Bruchteil abgedeckt. Betrachtet man das Lerngefüge genauer und bezieht das pädagogische Dreieck mit ein, ergeben sich Bedingungsfelder, die sich gegenseitig beeinflussen können.
Beteiligt sind der Lernende (Auszubildende), der Lehrende (ausbildende Person) und der Lernstoff. Alle drei Faktoren beeinflussen die jeweils anderen Bereiche. Lernschwierigkeiten sind somit ein komplexes Gefüge mit sich gegenseitig beeinflussenden Ursachenfeldern.

Ursachen für Lernschwierigkeiten bei Lernenden
In der Persönlichkeit der Lernenden gibt es verschiedene Faktoren, die mögliche Ursachen darstellen können. Dazu zählen zunächst einmal organische Faktoren wie Probleme beim Hören, Sehen oder Sprechen, Fehlfunktionen der Drüsen, chronische Erkrankungen sowie ADS (Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom) und ADHS (Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätssyndrom). Gerade bei ADHS ist es Auszubildenden schlichtweg nicht möglich, sich auf eine Sache zu konzentrieren und die Konzentration aufrechtzuerhalten.
Eine weitere Ursache könnten kognitive Faktoren sein, die in den Lernenden begründet sind, wie etwa lückenhaftes Vorwissen aus der Schulzeit oder eine falsche Lernweise.
Doch auch motivationale und emotionale Faktoren beeinflussen das Lernverhalten. Grundsätzlich ist dabei die Einstellung wichtig, die Auszubildende zum Lernen allgemein und besonders zur Thematik haben. Wenn sie sich für das Themengebiet interessieren oder einen besonderen Nutzen in der Thematik sehen, werden sie sich den Lernstoff deutlich schneller aneignen.
Nicht zu vernachlässigen ist auch die Frage, welche Erfahrungen Auszubildende in der Vergangenheit hinsichtlich des Lernens gemacht haben. Beziehen Auszubildende Misserfolge beispielsweise auf mangelnde Intelligenz und Erfolge auf Zufall, kann das ihrem Selbstwertgefühl schaden und sie für weitere Lernprozesse verunsichern. Das kann wiederum zu einer Blockade führen.
Unterstützung durch ausbildende Personen
Die beste Empfehlung lautet: Individualisierung. Als ausbildende Person sollten Sie konkret auf die Bedürfnisse der einzelnen Auszubildenden eingehen und sie da abholen, wo sie aufgrund ihrer kognitiven Fähigkeiten stehen. Knüpfen Sie an Vorwissen an und schließen Sie Wissenslücken aus der Vergangenheit. Überprüfen Sie bei dieser Gelegenheit auch Ihre eigene Rolle im Lehr-Lernprozess. Sehen Sie sich wirklich als Lernprozessbegleiter?
An den organischen Faktoren lässt sich oftmals wenig verändern, denn solche Lernstörungen sind den Auszubildenden meist bereits aus ihrer bisherigen Lernerfahrung bekannt, sodass sie gelernt haben, damit umzugehen. Wichtig ist, das Niveau des Lernens an die Auszubildenden anzupassen und sie gezielt zu fordern und zu fördern.
Auf die kognitiven Faktoren hingegen haben Ausbilder:innen weitaus mehr Einfluss, denn Wissenslücken lassen sich aufdecken und Lernstrategien lassen sich einüben. Durch gezielte Nachhilfe durch die ausbildende Person oder durch andere Auszubildende aus höheren Ausbildungsjahren (etwa in Form eines Patensystems) lassen sich Wissenslücken schließen.
Die Motivation steigern
Hier ist der Einflussbereich von Ausbilderinnen und Ausbildern am größten. Wer könnte Auszubildende besser anspornen und aktivieren als Personen, die ihre Tätigkeit aus voller Überzeugung und mit Leidenschaft ausüben? Ausbilderinnen und Ausbilder sind einmal mehr in ihrer Rolle als Vorbilder gefragt.
Gerade bei der Zuschreibung von Erfolgen und Misserfolgen ist besonders viel Fingerspitzengefühl gefragt. Loben Sie die Auszubildenden, bestärken Sie sie in dem, was sie tun, und lernen Sie, auch in einer schlechteren Leistung das Positive zu sehen.
Ein Beispiel: „Ich sehe, dass du dich bei der Bewältigung der Aufgabe angestrengt hast. Du hast sie in weiten Teilen auch schon gut gelöst. Allerdings habe ich das Gefühl, dass du die Aufgabe nicht mit der nötigen Konzentration bearbeitet hast. Versuch dich beim nächsten Mal besser zu konzentrieren und noch genauer zu arbeiten, dann wird das Ergebnis perfekt, davon bin ich überzeugt.” So könnte ein entsprechendes Feedback formuliert werden.
Ausbilderinnen und Ausbilder, die ihren Auszubildenden nichts zutrauen und häufig nur deren Fehler sehen, bewirken, dass sich die Auszubildenden über kurz oder lang dieser Erwartungshaltung anpassen. Sie schaffen sich also bald eine „sich selbst erfüllende Prophezeiung“. Die Leistungen der Auszubildenden werden demnach immer schlechter, ihr Selbstvertrauen und ihre Eigeninitiative werden sinken. Dann steigt die Angst vor Fehlern. Das lässt Auszubildende in bestimmten Situationen oberflächlich, ungenau oder eingeschüchtert arbeiten und das blockiert sie völlig.
Ein entscheidender Faktor ist auch die emotionale Bindung zwischen der ausbildenden Person und den Auszubildenden. Wo der „Funke” nicht überspringt, gibt es nämlich keinen vertrauensvollen, akzeptierten und respektvollen Umgang miteinander. Wo die Chemie nicht stimmt, lässt sich auch nicht konzentriert und motiviert arbeiten.
Wichtig ist, dass Ausbilderinnen und Ausbilder in die Selbstreflexion gehen und überlegen, ob das Ausbildungskonzept noch zeitgemäß ist und ob die Vermittlungsweise der Lerninhalte die Auszubildenden wirklich erreicht.
Wir tun gerne das, worin wir gut sind.
Ausbilderinnen und Ausbilder haben einen entscheidenden Einfluss darauf, wie gut Auszubildende den Lernstoff akzeptieren. Dies erreichen sie einerseits durch ihre Methodik und andererseits durch die Kunst der didaktischen Reduktion.
Dabei werden komplexe Themengebiete in kleine, überschaubare Einzelbereiche heruntergebrochen. Zunächst werden also einzelne Aspekte vermittelt und erst dann das komplexe Gebilde zusammengesetzt. Es ist nicht sinnvoll, bei der Vermittlung gleich die Ausnahmen der Ausnahmen mitzuliefern, sondern zunächst die Grundlagen zu festigen. Sind diese gesichert, können Sie den nächsten Schritt tun.
Durch dieses Vorgehen wirken Sie einer Überforderung der Auszubildenden entgegen. Sachverhalte werden leichter nachvollziehbar und in der Konsequenz auch logisch begreifbar. Der tolle Nebeneffekt für Auszubildende: Wir tun gerne das, worin wir gut sind, und sind folglich motivierter bei der Sache.
Sie begleiten Auszubildende?
Wir machen Sie fit dafür. Ob Sie neu in der Ausbildungsbegleitung sind oder Ihr Wissen auffrischen möchten: Unsere Live-Online Trainings und Online-Kurse bieten genau das, was Sie brauchen. Erfahrene Ausbilderinnen und Ausbilder profitieren von gezielten Vertiefungen, alle Teilnehmenden von praxisnahen Inhalten und interaktiven Formaten.