Vorbild sein in der Ausbildung – Warum Ihr Verhalten zählt
Der Fall Christoph: Ein Beispiel aus dem Ausbildungsalltag
Ihr Kollege Christoph erscheint, tief seufzend. Er wirkt, als hätte er einen Orden verdient, weil er an einem Montag einigermaßen pünktlich zur Arbeit erschienen ist. Er hängt seine Jacke über die Garderobe, schaltet den Computer an und macht sich erst einmal auf den Weg in die Kaffeeküche.
Mit einem heißen Kaffee in der Hand schlägt er den Weg in die Buchhaltung ein. Er will bei Susanne vorbeischauen, um zu erfahren, wie ihr Wochenende war und sich über die Neuigkeiten im Unternehmen informieren.
Derzeit ist auch eine Auszubildende im zweiten Ausbildungsjahr in der Abteilung beschäftigt. Christoph ist ihr Ansprechpartner. Sie kann bereits einige Aufgaben selbstständig übernehmen und auch in der Berufsschule sind ihre Leistungen gut. Abgesehen davon, dass sie morgens manchmal fünf Minuten zu spät kommt oder häufiger fragt, ob sie früher gehen kann, weil sie noch etwas vorhat, läuft es super.
30 Minuten später, mit einer frischen Tasse Kaffee und aktuellem Klatsch und Tratsch, kehrt Christoph an seinen Arbeitsplatz zurück. Er setzt sich und sagt zur Auszubildenden: „Ich habe gehört, dass du heute wieder nicht pünktlich hier warst. Das kommt häufiger vor. Wir müssen mal über deine Unpünktlichkeit und Motivation sprechen. Komm bitte heute nach der Mittagspause direkt zum Besprechungsraum.”
Wie wirkt es auf Ihre Auszubildenden, wenn Christoph als Ausbilder mit ihnen über ihre Unpünktlichkeit und mangelnde Motivation sprechen möchte?
Die Rolle als Vorbild. Mehr als nur Worte.
Es gibt ausbildende Personen, die ihre eigenen Probleme mit sich herumtragen und sie dann auf die Auszubildenden projizieren. Bei diesen Menschen deckt sich das, was sie sagen, nicht mit dem, was sie tun. Auch wenn die Auszubildenden dies vielleicht nicht bewusst wahrnehmen, so erkennen sie doch, dass der gesamte Ausdruck nicht stimmig ist.
Durch diese fehlende Kongruenz sind sie unglaubwürdig. Um authentisch zu sein und unsere Auszubildenden zu erreichen, muss eine Übereinstimmung auf den Ebenen des Denkens, Fühlens, Sprechens und Handelns bestehen.
Spiegelneuronen: Warum Verhalten ansteckend ist
Alle Unklarheiten oder Unsicherheiten, die wir als ausbildende Personen haben, werden auf unsere Azubis übertragen. Dafür sorgen die sogenannten Spiegelneuronen. Das sind Nervenzellen im Gehirn. Durch sie können wir Gefühle, die wir bei unseren Mitmenschen wahrgenommen haben, nachempfinden oder Verhalten, das wir nur beobachtet haben, intuitiv nachahmen. Wenn wir jemanden sympathisch finden, stimmen wir unsere Körpersprache unbewusst auf unser Gegenüber ab.
Bereits im Jahr 1992 entdeckte der italienische Neuropsychologe Giacomo Rizzolatti von der Universität Parma die Spiegelneuronen, als er das Verhalten von Rhesusaffen beobachtete. Wenn die Tiere nach ihrem Futter griffen, wurden mit einem Messgerät entsprechende Hirnströme aufgezeichnet. Als einer der Forscher im Beisein der Affen unbedacht zu einer Erdnuss griff, wurden ebenfalls Ausschläge durch das Messgerät angezeigt. Obwohl der Affe selbst nichts tat, sondern die Handlung nur beobachtete, wurden von den Nervenzellen die entsprechenden Signale ausgesendet (Rizzolatti & Sinigaglia, 2008).
Lernen durch Nachahmung
Auf dieser Grundlage gelang später der Nachweis, dass Spiegelneuronen auch im menschlichen Gehirn existieren. Menschen sind demnach nicht nur in der Lage, beobachtete Handlungen nachzuvollziehen, sondern auch Gefühle. Spiegelneuronen, die auch als Simulations- oder Empathieneuronen bezeichnet werden, funktionieren unbewusst. Wir lassen uns mitreißen, ohne weiter darüber nachzudenken. Dadurch können Lachen oder Zuversicht ebenso ansteckend sein wie Angst oder Langeweile.
Wenn unsere Auszubildenden uns als gutes Vorbild wahrnehmen, werden sie sich an dem orientieren, was wir ihnen vorleben, und es imitieren.
Demnach regen wir durch unser Beispiel bestimmte Verhaltensweisen erst an. Die Auszubildenden lernen, indem sie unser Verhalten nachahmen. Wenn wir als Ausbilderinnen und Ausbilder dann noch durch unsere Persönlichkeit überzeugen, haben wir eine gute Grundlage für eine erfolgreiche Ausbildung geschaffen.
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